Wir haben keinen Fernseher, aber manchmal wünschte ich, ich müsste wenigstens aufstehen, mich auf das Sofa setzen und die Fernbedienung zur Hand nehmen, um in die Röhre zu schauen. Warum? Weil das immer noch mehr Aufwand ist, als meinen Browser zu öffnen und in den Videowelten meiner Abonnements auf YouTube zu versacken.

Neben allerlei Mumpitz, den ich mir täglich anschaue – und zwar nur, weil es mir gerade vor die Maus gesprungen ist -, gibt es einige Seiten, dir mir wenigstens noch vorgaukeln einen Effekt auf mein analoges Leben zu haben … selbst wenn es sich dabei nur um schnödes Tischrollenspiel handelt. Deswegen möchte ich heute kurz auf 1W6 YouTube-Kanäle eingehen, die es mir dahingehend besonders angetan haben. Ich habe übrigens eine 4 gewürfelt.

Die üblichen Verdächtigen

Die beiden Kanäle, die sich schon seit geraumer Zeit um das Rollenspiel allgemein verdient machen, sind bekanntermaßen Die DORP und vor allem Orkenspalter TV. Während die Dimensions of Roleplaying vor allen mit Conberichten punktet, richten sich die Orkenspalter auch an ein eher szenefernes Publikum. Gerade ihre Pen & Paper-Let’s Plays und die Reihe Ein Blick in Das Schwarze Auge öffenen die eine oder andere Tür in die Welt des Rollenspiels.

Die großen Fremdgänger

Während die Erstgenannten natürlich schon lange keine Geheimtipps mehr sind, verhält es sich bei den nächsten beiden Kandidaten schon etwas anders. Zwar sind die alten Giga– und Game One-Haudegen von Rocket Beans TV mit gut 130.000 Abonnenten alles andere als unbeschriebene Blätter, aber um das Rollenspiel hatten sie sich bislang noch nicht sonderlich verdient gemacht. Ob sich das mit ihrer fünfteiligen Pen & Paper-Reihe wirklich geändert hat, vermag ich nicht zu behaupten, aber unterhaltsam ist es allemal. Allerdings hätte ich mir gewünscht, dass Hauke, der Spielleiter, sich für sein eigenes System nicht gerade die 3W20-Probe abgeschaut hätte. Ein einfacher Prozentwurf o. ä. hätte auch gereicht – zumal Simon, Budi, Etienne und Nils in dieser Konstellation ohnehin die Aufmerksamkeitsspanne von hyperaktiven Katzenkindern haben. Aber ich mag den Haufen und ihre Experimentierlust sehr.

Nur mehr Erfolg hätten sie wirklich verdient, da sie sich mit ihren intelligent-sympathischen Anarchoinhalten sehr angenehm von der allgemeinen Anbiederung an die pubertäre Zuschauermasse abheben. Die Spielkinder von PietSmiet können hingegen zehnmal soviele Abonennten vorweisen und treffen dabei jedoch eher selten meinen persönlichen Sehgeschmack. Allerdings haben sie sich von den Raketenbohnen zu ein paar DSA-Runden inspirieren lassen, die sie auf ihren Zweitkanal PietSmiet TV gestellt haben. Mehr Klicks erreicht im deutschsprachigen Raum wohl kein Rollenspielformat.

Rollenspielrunden sind hässlich nicht telegen

So vorbildlich und begrüßenswert diese Konzepte auch sein mögen, ich befürchte aber, sie werden für das Pen & Paper alle keine Renaissance einläuten. Letztlich bleiben wohl eh nur jene dran, die ohnehin rollenspielaffin sind. Vermutlich liegt es auch daran, dass gerade der Blick von außen auf eine Spielrunde selbst bei „Eingeweihten“ oft Befremden oder Langeweile auslöst. Irgendwie ist Rollenspiel für Dritte nicht attraktiv genug – das hat natürlich keineswegs mit den Protagonisten zu tun (siehe DnD with Pornstars) -, aber es findet nun einmal vor allem in den Köpfen der Spielenden statt. Da lässt sich eben schwer hinein schauen. Wenn ich ehrlich bin, wüsste ich nicht, ob mein jüngeres Ich dieser Tage noch einmal zum Rollenspiel finden würde. Durch ein Video vermutlich ohnehin nicht. Letztlich muss man einfach drin stecken – im Spiel, in der Gruppe, in der eigenen Haut – und das ist nicht gerade die Stärke von YouTube oder dem Internet allgemein.

Flimmernde Grüße,
Tobi

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