Im Weltzeugkasten befinden sich mehr oder weniger hilfreiche Tipps, Tricks und Hilfsmittel, um Rollenspielern und Spielleitern das Leben leichter zu machen. Ok, vielleicht nicht immer leichter, aber zumindest interessanter … wenigstens einmal.
Das Wichtigste zuerst: Rollenspielgejammere
(Wen der Fluff nicht interessiert, schnell runter zum Crunch.) Es ist nicht immer einfach zwischen Familie und Arbeitsalltag noch Zeit fürs Rollenspiel zu finden. Und wenn dann noch die altgedienten DSA– und Shadowrunrunden entweder an viel zu vielen trennenden Kilometern oder an ermüdender Routine leiden, stellt sich irgendwann unweigerlich die Frage: ganz aufhören oder neu anfangen? Ok, ist mehr eine rhetorische Frage, denn Aufhören ist nie eine Option. Die Aufgabe vor einem halben Jahr lautete also: Etwas Neues muss her.
DSA kam nicht in Frage, da ich hätte Meistern müssen und ich habe Angst vor der aventurischen Bücherhydra. Myranor ist (so oder so) zu weit weg. Eine alternative Shadowrun-Cop-Kampagne brachte schon länger auf jeden Fall frischen Wind in unsere Sechste Welt, aber man durfte nicht genug Leute erschießen. Kleinstrollenspiele wie RATTEN! sind für One-Shots und Kurzkampagnen immer toll, aber nichts für die Ewigkeit. Der Eine Ring weckte schließlich unser Interesse, aber weder Regelsystem noch Zeitsetting hauten uns so richtig um.
Also gut: nicht allzu ausgelaschter Tolkien sollte es sein, mit überschaubaren Regeln. Schließlich machten wir es so, wie es alle Rollenspieler irgendwann einmal tun, nämlich selbst. Ein paar Settingregeln für Savage Worlds zusammengeschraubt, das Silmarillion ausgepackt und schon stand den Abenteuern im Ersten Zeitalter nichts mehr im Wege (Settingregeln und Kampagne werde ich unter Stift & Papier demnächst als One-Sheet zusammenstellen).
Nicht nur gucken, auch anfassen
Ich mag Zeug auf dem Spieltisch. Zeug, das man anfassen kann. Phantasie und Immersion hin oder her. Würfel und Charakterbögen sind (neben Knabbereien) auch deshalb so beliebt, weil man sie betatschen kann. Wenn man nicht gerade zu den Leuten gehört, die in Vollplatte am Tisch sitzen und auf einem LARP besser aufgehoben wäre, kommt einem Schwerthieb nichts näher als ein Würfelwurf.
Legerätsel, Labyrinthe und durch Pokerchips oder ähnliches repräsentierte Gummipunkte (dazu in einem anderen Artikel mehr) gehören auch in diese Kategorie. Im Grunde gilt das auch für Karten, zumindest wenn sie außerhalb eines Buches als Handouts bereit liegen.
Entdecken entstauben
Um Reiserouten, Entdeckungen und Notizen einzuzeichnen haben wir zwar eine Karte eingeschweißt. Aber im Grunde steht da schon alles drauf. Auf die Idee einer Blankokarte – also vorher alle Schriftzüge zu entfernen – bin ich leider zu spät gekommen.
Deswegen bin ich schließlich noch einen Schritt weiter gegangen, und habe für mich eine Möglichkeit gefunden, Terra incognita auch tatsächlich solange inkognito zu halten, bis sie von den Charakteren entdeckt wird. Und das Beste daran: das Prinzip ist wiederverwendbar und universell, funktioniert also für Dungeons ebenso wie für Stadt- oder Landkarten. Aber der Reihe nach.
Zutaten für den Sandkasten
Es handelt sich um eine Art Sandkasten, der in meinem Fall für bis zu A3-große Karten ausgelegt ist. Die Bauweise ist denkbar einfach und auf den Bildern wahrscheinlich ganz gut ersichtlich. Maße und Materialien lasse ich natürlich abwandeln. Verwendet habe ich:
- 4 Holzleisten für den Rahmen
- 1 dünne Sperrholzplatte für den Boden
- 2 Holzleisten als Auflage für den Boden
- Nägel und Holzleim oder Schrauben
- wiederablösbarer Sprühkleber (z. B. den hier)
- 2 Kartenexemplare (eine zum Aufkleben und eine als Referenz für den Spielleiter)
- feinen Vogelsand
- Pinsel (ideal sind ein schmaler Pinsel für Feinarbeiten, ein kleiner Flachpinsel für etwas mehr Abtrag und ein breiter Flachpinsel für das große Ganze; theoretisch reicht aber auch der kleine Flachpinsel, da man die breite und die schmale Seite recht flexibel nutzen kann)
Handwerklich ist das Ding keine sonderlich große Herausforderung und das Teuerste (vor allem, wenn man Holzreste verwendet) ist der Sprühkleber (der allerdings auch ewig hält). Durch die Wiederverwendbarkeit also eine lohnende Investition. Aber davon seid ihr wahrscheinlich noch gar nicht überzeugt.
Kulinarischer Protip: Blaue Daumen oder voller Magen?
Statt sich den Kasten selbst zu zimmern, kann man natürlich auch beliebige flache Behältnisse, Dosen oder Kartons nehmen. Unter den Kartons findet sich natürlich auch der Rollenspielklassiker schlechthin: der Pizzakarton. Und der ist nicht weniger als die ideale Alternative zur Do-it-yourself-Variante. Er ist halbwegs stabil (ansonsten schnell, billig und lecker auszutauschen), in verschiedenen Größen erhältlich und die Ränder haben eine günstige Höhe. Der entscheidende Vorteil ist jedoch der Deckel, weshalb ich beim nächsten Mal wohl der Pappe eine Chance geben werde.
Gebrauchsanleitung
Ist der Sandkasten zusammengezimmert oder besorgt, gilt es nun die gewünschte Karte aufzubringen. Dafür ist es wichtig den Untergrund dünn einzusprühen, kurz anlüften zu lassen und das Blatt aufzubringen. Eine Andruckrolle ist praktisch, Hand oder Tuch reichen aber auch völlig. Den Kleber nun ein wenig trocknen lassen und anschließend den Vogelsand ausstreuen. Damit er sich gleichmäßig verteilt, den Kasten einfach ein wenig schütteln.
Anschließen könnt ihr nun mit dem Pinsel die zu erkundenden Gegenden freilegen. Ist ein bisschen wie in klassischen Computerrollenspielen à la Baldurs Gate, in denen man auch erst den Schleier des Unbekannten durch Herumrennen heben muss.
Die Hausfrau rät: Saugen statt Pinseln
Die Pinsel sind eine nette Abwechslung zum sonstigen Utensil am Spieltisch und verbreiten ein bisschen pseudoarchäologisches Flair. Wer der ganzen Sache einen moderneren Anstrich verpassen möchte kann alternativ auch zu einem Tischstaubsauger greifen; z. B. Sauger #1 (auch ideal für zum Nachspielen historischer Alpenüberquerungen) oder Sauger #2 (USB-betrieben). Aber seid gewarnt, ich für meinen Teil habe noch keinen davon getestet und kann somit auch keine Aussage über Effektivität und Verträglichkeit des Saugers mit dem Vogelsand treffen.
Erfahrung macht klug
Zwar war der Sandkasten schon beim ersten Einsatz ein voller Erfolg, aber erst beim zweiten Mal konnte ich ein paar Haken geradebiegen:
- die Karte (insbesondere Dungeons) dürfen nicht zu kleinteilig sein, da ihr sonst beim Freilegen von neuen Regionen bereits erkundete wieder zuschüttet,
- achtet darauf, die Karte möglichst flach aufzubringen, da Wellen und Blasen sonst hervorstehen (etwas stärkeres Papier ist weniger anfällig),
- tragt den Sand so dünn wie möglich auf, da es sonst in Geschaufel ausartet,
- testet vorher die Beleuchtung, damit die Karte nicht durchscheint,
- und lasst bei ausgedruckten Karten etwas Rand, um überschüssigen Sand zur Seite zu schaffen.
Unverbindliche Webempfehlung: Karten, Karten, Karten
Hier findet ihr eine riesige Sammlung von rollenspieltauglichen Blankokarten (vor allem Dungeons). Historische Karten gibt es hier zuhauf und individuell gestaltbare Karten ist mit diesem Tool möglich (habe ich selbst aber noch nicht ausprobiert).
Mich würde es auf jeden Fall sehr interessieren ob, wofür und mit welchen Erfahrungen ihr den Kasten eingesetzt habt.
Bis dahin spielt schön im Sand,
Tobi